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In der deutschsprachigen Wikipedia rumort es derzeit sehr laut. Deutsche Wikipedia unter Führung zweier Trolle zeigt Spaltungstendenzen, nachdem das Board der Foundation anscheinend ex kathedra (eigentlich aufgrund des Harris-Reports) beschlossen hat, einen freiwilligen Bildfilter einzurichten. Es zeigen sich (exemplarisch in der Podiumsdiskussion während der WikiCon) zwei grundlegende Tendenzen:

  1. Die Kommunikation der Foundation mit der deutschen Wikipedia lässt deutlich zu wünschen übrig. Entweder interessiert sich das Board nicht richtig für die deutsche Wikipedia oder die deutsche Wikipedia nicht richtig für die internationalen Entwicklungen. Oder beides? Jedenfalls scheint das Board der Meinung zu sein, der Harris-Report stelle so was wie die Meinung der weltweiten Wikipedianer dar und fühlt sich ermächtigt, einen Bildfilter einzubauen. Die Deutschen hingegen fühlen sich nicht beteiligt, da sie die auf Englisch geführten Ermittlungen von Harris fast nicht beachtet – und ihre Meinung daher nicht rechtzeitig Kund getan haben.
  2. Es zeigt sich dasselbe Phänomen, wie bei Stuttgart 21: Die deutschen Wikipedianer meinen, es wäre demokratisch, wenn man einen demokratischen Prozess, den man verschlafen hat, durch eine angeblich basisdemokratische Hauruck-Aktion noch Mal aus den Angeln hebt. Ich halte das nicht für demokratisch, sondern für anarchisch inkonsequent. Am Wichtigsten wäre, jetzt die Kommunikation zur Foundation zu verbessern.

Die Argumentationslinien lassen sich einfach beschreiben:

  • Die Foundation will neue Nutzergruppen erschließen und dafür zwei Dinge mit dem Filter bewirken. Sie will einerseits durch ein kurzfristiges technisches Mittel den langfristigen Frauenanteil steigern und damit die Umgangsformen freundlicher gestalten. Sie will andererseits Wissen nach dem Prinzip des geringsten Erstaunens präsentieren, um bis jetzt unterrepräsentierte Völker und empfindlichere Personen zu erreichen. Bilder werden daher nicht gelöscht, sondern freiwillig sichtbar oder unsichtbar gemacht. Dies wird nur für Bilder und nicht für Texte getan, weil bei Bildern eine neutrale Darstellung schwerer herstellbar ist als bei Texten, weil sie grundsätzlich subjektiv-emotionaler wirken und nicht bis auf den i-Punkt bearbeitet werden können, wie Texte.
  • Die Gegner des Bildfilters rufen laut Zensur!, weil sie – ohne das es derzeit Anhaltspunkte dafür gäbe – befürchten, die Programmierung eines Bildfilters könnte helfen, aus freiem Weltwissen, zensiertes Weltwissen zu machen. Die Informationen der freiwilligen Bildfilter der Wikipedia könnten aufgrund der Lizenz von anderen wie Google oder China dafür genutzt werden, unfreiwillig zu Filtern. Die Einrichtung von Filtern könnte dazu führen, dass in Wikipedia radikale Gruppen nur noch mit Filtern beschäftigt wären und so die Filter immer mehr und strenger gefiltert würde. Sie halten den Bildfilter für eine technische Lösung eines sozialen Problems.

Fazit: Die Meisten reden aneinander vorbei. Gerade jetzt wäre der Zeitpunkt, zu dem die deutsche Community der Foundation grundsätzliche Hinweise geben könnte, wie man bei der Programmierung des Bildfilters Missbrauch reduzieren oder vermeiden könnte. Vielleicht könnte man sogar noch einvernehmlich ein Überdenken des Bildfilters bewirken. Aber stattdessen gibt es einige, die eine Blockadepolitik vorbereiten und so das Grundproblem, die schlechte Kommunikation zwischen deutscher Community und Foundation noch verschlimmern.

Es ist kein Zufall, dass ausgerechnet Trolle wie Widescreen und Liberaler Humanist das Feld der Gegner anführen. Ihre Spezialität ist es, Kommunikation zu stören.

Es grüßt

Ihr David Richter